CHANGJIANG V 750 DEFFENDER ENDURO SIDECAR: KOMMT DAS GUZZI-GESPANN AUS CHINA NACH EUROPA?

Wie eine Moto Guzzi V85 TT mit Seitenwagen sieht dieses Enduro-Gespann aus. Das ist Absicht, allerdings nicht made in Italy – sondern made in China von Changjiang. Angeblich soll das Modell namens V 750 Deffender sogar – relativ preisgünstig – nach Europa kommen.

Erstmals tauchte das neue Gespann V 750 Deffender von Changjiang Mitte September 2023 im Rahmen chinesischer Motorradmessen auf. Ob die seltsame Schreibweise – Deffender mit 2 f – aus Versehen daneben ist oder bewusst zur Abgrenzung von anderen Kraftfahrzeugen, ist unklar.

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Motorrad-Gespanne von Changjiang aus China

Traditionell fertigt der chinesische Hersteller Changjiang ("langer Fluss") robuste Motorrad-Gespanne, ursprünglich für das chinesische Militär. Bereits in den 1950er-Jahren fing das an, damals auf Basis russischer Gespanne von Ural und Dnepr, die wiederum mitsamt 750er-Boxer-Motor von BMW übernommen worden waren. Noch bis vor wenigen Jahren stellte Changjiang diese Boxer-Gespanne als Neufahrzeuge her. Inzwischen wurde die Produktion umgestellt, seitdem kommt als Antrieb ein moderner, wassergekühlter Reihenzweizylinder-Motor von CFMoto zum Einsatz, bisher ein 650er, künftig ein 700er.

Changjiang V 750 Deffender neu ab 2024

2024 führte Changjiang eine neue Gespann-Baureihe ein. Diesmal nicht mit Boxer-Motor, sondern mit einem V-Twin, dem seine italienischen Wurzeln auf den ersten Blick anzusehen sind. Denn es handelt sich um einen Zweizylinder mit 90 Grad Zylinderwinkel, längs zur Fahrtrichtung liegender Kurbelwelle und quer in den kühlenden Fahrtwind ausgestreckten Zylindern. Bisher sind das die Alleinstellungsmerkmale von Moto Guzzi, und die Ähnlichkeiten erstrecken sich hier weit über die konstruktiven Merkmale hinaus.

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Luftgekühlter V-Twin mit 750 Kubik und 52 PS

Inwieweit Changjiang die Technik und Innereien des offensichtlich von Moto Guzzi kopierten V-Twin-Layouts übernimmt, ist nicht bekannt. Bemerkenswerterweise handelt es sich hier nicht um eine Nachbildung der aktuellen 850er-Version von Moto Guzzi, sondern um einen Motor mit 750 Kubik. Bei 10:1 Verdichtung erreicht der angeblich rund 52 PS (38 kW) bei 6.300/min sowie maximal 60 Nm Drehmoment bei 4.900/min.

Motor mit offensichtlichen Wurzeln bei Moto Guzzi

Bis 2020 lief bei Moto Guzzi der luftgekühlte V2 des Modells V7 mit 744 Kubik und 2 Ventilen pro Zylinder, und der hatte ebenfalls 52 PS bei 6.200 Touren sowie 60 Nm bei 4.900/min. Auch 5-Gang-Getriebe und Kardan zum Hinterrad entsprechen den klassischen Baumustern aus Mandello del Lario.

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Fi Tech an Entwicklung und Abstimmung beteiligt

Am Motorgehäuse sind Schriftzüge von Fi Tech zu erkennen, und diese Firma, spezialisiert auf Benzineinspritzungen samt Hardware und Software, war angeblich an Entwicklung und Abstimmung des 750ers für Changjiang beteiligt. Fi Tech gehört zum chinesischen Unternehmen Dongguan Transmission and Fuel Injection Technology Co., Ltd., mit Niederlassung und Technikern in Kalifornien. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Anpassung an kalifornische und europäische Abgasgrenzwerte umso eher möglich. An das europäische Stufenführerscheinlimit (48 PS/35 kW) ebenso.

Einstellbares KYB-Fahrwerk plus Luftfederung

Stahlrohr-Rahmen und zweiarmige Hinterradschwinge aus Aluminium scheinen nahezu identisch mit der Moto Guzzi V85 TT. Bei der Upside-down-Telegabel und dem hinteren Federbein an der V 750 Deffender handelt es sich um einstellbare Komponenten von Kayaba (KYB). Hinzu kommen weitere Federbeine und sogar – optional – Luftfederung am Seitenwagen. Das verspricht besonders viel Komfort, zumal im Gelände.

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3 Enduro-Räder mit ABS-Bremsen

Alle 3 Enduro-Räder des Changjiang V 750 Deffender sind mit Scheibenbremsen von Brembo-Ableger J.Juan bestückt, das Vorderrad mit Vierkolbenzangen und 320er-Doppelscheibe. Zudem wird jedes Rad, also auch das am Seitenwagen, separat von einem ABS überwacht. Offenbar werden die Räder für das Deffender-Gespann in verschiedenen Design-Ausführungen stets schlauchlos eingespeicht und mit dem gleichen Format bereift: 120/80-19. Umso sinnvoller erscheint das mit Blick auf das praktischerweise am Gespann befestigte und mitgeführte Reserverad. Radstand zwischen Vorderrad und Hinterrad: 1.540 Millimeter.

V 750 Deffender-Gespann wiegt 409 Kilo

Großzügige 23 Liter Volumen nennt Changjiang für den Benzintank des V 750 Deffender. Vollgetankt und fahrbereit soll es 409 Kilogramm wiegen. Bemerkenswert umfangreich und modern ist die angekündigte Ausstattung dieses Gespanns: Dreikanal-ABS, Schlupfregelung, Tempomat, 7-Zoll-Farbmonitor mit Bluetooth-Connectivity, Anschlüsse für USB und 12 Volt sowie eine Dashcam (Front-Kamera). Obendrein wird ab Werk ein praktisches Gepäck-Rack oben am Tank montiert und die Abgasanlage aus Edelstahl gefertigt.

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Changjiang V 750 Deffender ab Mai 2024

In China kam das Gespann Changjiang V 750 Deffender im Mai 2024 in den Handel, ab 68.888 Yuan, umgerechnet circa 8.900 Euro. Die besser ausgestattete Ausführung mit Luftfederung, schickeren Rädern und Gepäcktaschen kostet 77.777 Yuan, umgerechnet circa 10.000 Euro.

Geplanter Preis für Europa

Export nach Europa erscheint durchaus möglich, da Changjiang mit dem französischen Importeur DIP bereits einen Vertriebspartner hat – inklusive Händlernetz in weiteren europäischen Ländern, auch in Deutschland. Dem Vernehmen nach soll das V 750 Deffender in Europa voraussichtlich zwischen 18.000 und 19.000 Euro kosten, ab wann ist bisher nicht bekannt. Solo-Modelle der China-Guzzi sind vorerst nicht zu erwarten, da Changjiang sich traditionell auf den Gespannbau fokussiert. Ob mit oder ohne Beiwagen: Auf die Reaktionen seitens Piaggio und Moto Guzzi darf man gespannt sein.

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