RENAULT CLIO, MAZDA 2 & VW POLO IM TEST: VOLLHYBRID, VERBRENNER ODER DOCH MILDHYBRID?

Der Kampf der Verbrenner gegen die Hybride geht in die nächste Runde. Mittendrin ein Mildhybrid. Und schon sind wir beim neuen Renault Clio, der samt Facelift gegen den Mazda 2 und den VW Polo antritt. Mal sehen, wer sich im Vergleichstest behaupten kann.

Wie Kennern des Landes spätestens seit dem 2. April 1861 bekannt, ist ein Mangel an Gründlichkeit das Letzte, was man Frankreich vorwerfen kann. An jenem Dienstag wird Napoleon Bonaparte keineswegs überstürzte 40 Jahre nach seinem Tod in der Krypta des Invalidendoms beigesetzt: im innersten von fünf ineinandergestapelten, 13 Tonnen schweren Särgen. Der Grund für die Stapelei mag die Furcht vor dem Gift gewesen sein, das Napoleon getötet haben soll. Oder die Intention, dass der Tyrann so sicher nicht mehr rausklettert. Der stürzt wie so viele Herrscher, als er seine eigenen Grundsätze ignoriert. Etwa "Störe nie deinen Feind, wenn er gerade Fehler macht", "Wenn man Dummheiten begeht, müssen sie wenigstens gelingen" oder "Wer von Anfang an schon sicher weiß, wohin sein Weg führt, wird es nicht weit bringen".

Was eine schöne Überleitung zu Renault ist, einer Firma, die statt des Weges des Sicher-Wissens oft lieber jenen des Mutig-Ausprobierens wählt. So tritt der Clio hier mit einem Vollhybridsystem an, bei dem die Entwickler einen 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner mit einem E-Werk verbandeln. Es besteht aus einem 36 kW starken E-Motor sowie einem 15-kW-Startergenerator. Die Kräfte der Motoren münden in das Multi-Mode-Getriebe, das vier Gänge für den Verbrenner und zwei für den ins Getriebe integrierten E-Motor bereithält. Nun zum Mutig-Ausprobieren: Renaults Ingenieur Nicolas Fremaud konstruierte das Ur-Modell des Getriebes vor vielen Jahren in den Weihnachtsferien aus Lego-Teilen. Wenngleich es danach noch dauerte, bis es in Serie ging, kann es den Clio doch als seriellen oder parallelen Hybrid antreiben – also entweder indem der Verbrenner als Generator Energie an den E-Motor liefert, der dann die Räder antreibt, oder eben mit direktem Durchtrieb des Verbrenners mit oder ohne Elektro-Unterstützung.

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Womit der Clio hier erst im Ansatz erklärt wäre. Das geht bei den anderen zwei viel schneller. Der Mazda 2 tritt mit mildhybridisiertem Vierzylinder-Sauger an, der Polo mit Dreizylinder-Turbobenziner. Nun einsteigen und los, um Fahr- und Spartalent der drei vergleichszutesten.

Multi-Mode an die Freude

Derweil wir uns auf den dick gepolsterten, aber weder feinrastig genug verstellbaren noch übermäßig bequemen Sportsitzen des Clio einrichten, klären wir, was sich so bei der Modell-auffrischung ergeben hat: Voll-LED-Scheinwerfer, dazu LED-Tagfahrleuchten in Halbrauten-Anordnung seitlich des neuen Kühlergrills vorn, eine neue Schürze und Leuchtengrafik hinten, zwischen- und innendrin ein aufgefrischtes Interieur. Zu dessen Vorzügen zählt Renault nicht zuvörderst den großen Hochkant-Zentral-Berührmonitor, sondern Sitzbezüge und Verkleidungsmaterialien aus "nachhaltig bewirtschafteten, naturnahen Wäldern" (wir in unserer Einfalt hatten dem Wald als solchem bisher ja immer eine ausgeprägte Naturnähe unterstellt).

Die Assistenzabteilung hat Renault um aktive Spur- und Tempoführung ergänzt – funktioniert solide. Eher fantasievoll geht die Tempolimiterkennung ihrer Aufgabe nach, konnte ihre Kreativität im Aufspüren vermeintlicher Geschwindigkeitsbegrenzungen uns doch auch nach vielen Tagen noch überraschen.

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Was es dann ist an Herausforderungsfülle, die der Umgang mit dem Clio bietet. Die Touchscreen-Menüs mögen erst ein wenig schachtelig sortiert wirken, doch kommt man damit ebenso schnell zurecht wie mit der restlichen Bedienung. Tasten und Drehregler steuern die Klimaanlage, dazu gibt es vorn praktische Ablagen. Im Fond lässt die Noblesse von Deko wie Möblierung nach. Zudem kommen Passagiere auf der kurzen, tief positionierten Rückbank nicht sehr gemütlich und nicht mit mehr als genug Platz unter. In Gepäckbelangen gilt es sich zu bescheiden, in den Laderaum passen nur 301 statt sonst 340 Liter, da die Ingenieure Teile des E-Werks darunter verräumen.

Wobei es sich den Platz dort ebenso verdient hat wie hier den ersten, wenn es um Effizienz und Antriebskomfort geht. Hat er zuvor durch Rekuperation seine 1,2 kWh kleine Lithium-Ionen-Batterie gut gefüllt, surrt der Clio elektrisch los und fährt kleinere Strecken sowie maximal 75 km/h schnell rein elektrisch. Bei drängenderer Fahrt schaltet sich der Verbrenner zu. Ob mal als Generator, ob mal mit direktem Kraftfluss auf die Räder – das Hin und Her, An und Aus, Gemeinsam und Getrennt der Antriebe funktioniert fugenlos und ohne Hektik. Dabei geht es eilfertig voran – zumindest solange die E-Maschine dem Verbrenner zuboostet. Danach schwächelt das Vorankommen daran, dass Entschlossenheit im Durchzug weniger zum Wesen des Saugbenziners zählt als entschlossene Kernigkeit im Klang.

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Das ändert nichts an der hohen Qualität des Antriebs, die sich vor allem in der Sparsamkeit zeigt. Bei teils besseren Fahrleistungen unterbietet der Clio den 209 kg leichteren Mazda 2 beim Testverbrauch mit 5,8 l S/100 km um einen Zehntelliter. Auf der Eco-Runde steigert sich der Vorteil auf 0,4 l. Dabei fährt der Renault mit seiner ausgewogeneren, nur auf kurzen Unebenheiten teils bockigen Federung komfortabler als der Mazda. Dazu souveräner, da er sich in Kurven nur zu sachten, agilisierenden Lastwechseln drängen lässt. Was zur Vergnüglichkeit der Kurverei ebenso beiträgt wie die präzise, direkte Lenkung, der allerdings mitunter kleine Antriebseinflüsse in die Rückmeldung zappeln. Was jedoch kaum stört in der Munterkeit des Vorankommens, das der Renault mit ganz hervorragenden Bremsen absichert.

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Nicht gar so sicher sind wir zunächst, was den Preis des immerhin gut ausgestatteten Wagens angeht, soll der doch 26.700 Euro betragen. Doch dann stellen wir fest, dass diese Summe in ihrer Abgehobenheit der Realität noch am nächsten ist.

Mazda, der kleine Schatz da

Halt, halt, hören wir Sie da rufen, der Mazda kostet weniger. Ja, aber knapp unter 25.000 Euro sind eine Forderung, die bemerkenswertes Selbstbewusstsein ausdrückt. Immerhin kurvt die vierte Generation des Mazda 2G 115 M Hybrid seit einem Jahrzehnt durch die Weltgeschichte. Zwar modernisiert Mazda das Einstiegsmodell immer wieder, zuletzt 2023. An der Grundstatur jedoch hat sich nichts geändert.

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So zählt der 2 trotz stattlicher Abmessungen zu den engen Kleinwagen. Mit dem kleinsten Kofferraum und einem Fond, in dem selbst Kinder klemmig sitzen, ist er ein Auto am besten für zwei, die sich auf den leichtbaudünnen Vordersitzen einrichten. Ach, die Sitze! Mazda neigt gern dazu, das Unscheinbare zur Wissenschaft zu erheben, und erklärt: Die Sitze förderten durch optimierte Federraten, Drehfedern und Stützmaterialien die aufrechte Stellung des Beckens, um Bewegungen des Kopfes zu reduzieren. Das minimiere die Ermüdung des Fahrers und verstärke zudem noch das Gefühl der Einheit zwischen Fahrer und Fahrzeug.

Wobei sie da so arg nicht übertreiben. Denn es gibt Seiten am Mazda 2, die schon immer eine klasse Idee waren. Damit meinen wir nicht das kleine Plexiglas-Head-up-Display und auch nicht die grobpixelige Darstellung des Navis, das seine Streckenkenntnisse auf einer SD-Karte speichert (für die jüngeren Leser, die nur die Cloud kennen: Nein, Lochkarte und Floppy kamen noch vor SD). Doch dass man sich aus dem Handgelenk durch niederschichtige Infotainment-Menüs drehdrückern kann, zählt genauso zu den kaum verbesserbaren Erfindungen wie ein analoger Drehzahlmesser.

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Und dass es auch das noch gibt: ein kleines Auto mit volumen- und leistungsstarkem Motor emporzumotorisieren. Kennen wir seit BMW 2002, Opel Kadett B Rallye und, klar, dem GTI. Mit 115 PS und 1,5 Litern Hubraum liegt der Mazda 2G 115 M Hybrid auf dem Leistungs-Hubraum-Niveau von Golf I GTI und Peugeot 205 GTI. Dazu: Mit 1.080 kg wiegt der Mazda wenig – ein Vorzug, der es womöglich erlaubt, die dünnblechigen Türen, die windige Hutablage oder den labberigen Kofferraumteppich als Errungenschaften vorbildlichen Leichtbaus zu feiern.

Den 1.500er hat Mazda jüngst modernisiert, die Verdichtung von 13 auf 15 : 1 erhöht. Mit 300 bar und beim Kaltstart zur Unterdrückung von Rußpartikeln dreiphasig presst die Einspritzung den Kraftstoff direkt in die vier Zylinder, auf dass er sich da intensivst mit der Luft vermische, die im Ansaugprozess in länger anhaltende Rotationsverwirbelung versetzt wurde. Sodann gilt es, das 48-Volt-Mildhybridsystem zu nennen, dessen 5 kW/48 Nm eher Leistungsübergänge glätten als mit stützender Kraft boosten. Umso schöner. So legt der Sauger los, wie nur Sauger loslegen – homogen, linear, unterstützt von der kurzen Übersetzung des präzisen Sechsganggetriebes. Wie der Motor die Drehzahltausender emportourt, du die Gänge hinaufblitzschaltest – auskuppeln, Gang wechseln, einkuppeln – als Abfolge solcher Rasanz, dass es nicht lohnt, den Fuß derweil vom Gas zu heben: Freunde, das ist Fahren wie in diesem Früher, als es ein stolzes Handwerk war.

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Dafür bringt der 2 die präzise, fast etwas überstürzt ansprechende Lenkung mit – und einen Eifer zum Lastwechseldrücken, welchen Nostalgiker übermütig, weniger Verträumte übermutig nennen werden, obwohl das ESP alles rechtzeitig einfängt.

Alles zu spät – im übertragenen Sinn – ist bei den Bremsen. Deren schwächliche Verzögerung ruiniert dem Mazda 2 das Sicherheitskapitel. Da bringen ihm auch ordentliche Assistenz und Matrixlicht mit 20 LEDs pro Scheinwerfer nicht mehr viel. Das gilt insgesamt: Um seine Schwächen zu überstrahlen, setzt der 2 zu wenig Glanzlichter. Nettes Handling, hohe Effizienz und sechs Jahre Garantie: schön und gut. Aber nicht genug.

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Zu überraschen, zählt seit 49 Jahren und sechs Generationen nicht zu den großen Fähigkeiten des Polo. Legen es die Entwickler doch stets darauf an, dass er ein Polo wird, bleibt – und gewesen ist, wie im Fall des Test-Polo. Den gibt es neu so nicht mehr, vor Kurzem hat VW die Leistung des stärksten Einliter-Dreizylinder-Turbos von 110 auf 115 PS erhöht – dabei aber nicht den Preis. Was nur ein Versehen sein kann, verlangt VW doch selbst beim R-Line für Klimaautomatik, Abstandstempomat oder Rückfahrkamera Aufpreis – alles serienmäßig bei Clio und 2. So verstehe man den Grundtarif des VW von 30.665 Euro als Halbhöhenlage, von der sich die schwindelnde Höhe des 40.000er-Gipfels leicht erlangen lässt.

Ein Polo wie in alten Zeiten

Nun gilt der Erwerb eines Polo als die Investition in ein Auto, das trotz kleinerer Abmessungen größeres Format hat. Was auch auf den aktuellen Polo zutrifft. Nur kostet der hier nicht mehr, sondern viel mehr mehr.

Als weitreichendsten Gegenwert bringt er das üppigste Platzangebot mit. Das Ladeabteil packt am meisten, auf der kuschligen Rückbank kommen zwei Passagiere raumreich unter wie sonst erst in der Kompaktklasse. Auch Sitze und Platzangebot vorn, Materialien, Verarbeitung: bequemer, weiter, hochwertiger, solider als im Clio und erst recht im 2.

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Ebenso erlangt das Fahren im VW eine erwachsenere Güte. Zum einen im Komfort: Selbst grobe, kurze Unebenheiten federt das Fahrwerk sorgsam ab – ohne Flauschigkeit, aber über angemessene Straßenverbundenheit geht die Härte nie hinaus. Gleichzeitig hat das Set-up durch sanfte Straffheit die Karosseriebewegungen im Griff. Wie alle Sperenzchen, die einem Handling einfallen können. Nur nicht dem des VW Polo 1.0 TSI . Wie die größeren VW fährt er in unauffälliger Souveränität, lässt sich nicht zum Lastwechseln animieren, mit der präzisen, aber milder ansprechenden und rückmeldungsgedimmten Lenkung auch nicht zum beschwingten Kurvenstieben. Durch intensive Geräuschdämmung ist der VW leise, die Sicherheitsausstattung stellt sich breit auf, von aktiver Tempo-/Spurführung über Matrixlicht (acht LEDs pro Scheinwerfer) bis Mittelairbag vorn.

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Das waren die Einerseits, die den hohen Preis rechtfertigen. Aber es gibt eben auch einige Andererseits. Wobei sich der Antrieb auf keine Seite schlägt. Zwar legt der trommelige Dreizylinder nach kurzem Anfahrzaudern quirlig los. Er hängt bei den Fahrleistungen aber etwas zurück und mehr noch – damit willkommen im Andererseits – beim Verbrauch (Testschnitt 6,7 l S/100 km). Dabei hätte das Getriebe sieben Gänge zum effizienten Doppelverkuppeln parat. Doch oft schaltet die Box spät und ruppig oder bringt den Polo beim Anfahren nur rupfend in Fahrt.

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Was gute Gründe sind, den 95-PS-Handschalter zu nehmen und so 3.330 Euro zu sparen. Ebenfalls sparen kann man sich das große Navi und die Klimaautomatik. Beides kostet neben Geld Bedienbarkeit, da das Navi wie alle Infotainments ein wirres Touch-System ist, und auch die Klimaautomatik mag sich mit Berührflächen betatschen lassen.

Dann sind da die Bremsen, die zwar stabil, aber, nun, zögerlich verzögern. Dabei hat der Polo breitere Reifen, die wir wie alle fahr- und komfortrelevanten Extras in den Testwagenpreis einrechnen. Der liegt weit über denen von Renault und Mazda. So weit, dass der Clio den kleinen Vorsprung aus der Eigenschaftswertung trotz hoher Festkosten am Ende – Sie ahnen es – gründlich ausbauen kann.

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