WIR SIND MIT EINEM STüCK SCHWEIZER AUTOGESCHICHTE GEFAHREN

Monteverdi ist und war für viele der letzte echte Schweizer Autobauer. Wir durften mit einem Monteverdi High Speed 375 L, der heute im Besitz des 80-jährigen Mitgründers Paul Berger ist, auf Tour gehen.

Schweizer lieben Luxusautos. Nirgendwo sonst auf der Welt werden prozentual zur Bevölkerung mehr teure Autos verkauft als bei uns. Gebaut werden diese aber im Ausland. Klar, es gab immer wieder Versuche. Kyburz oder Microlino beispielsweise. Wobei der Kyburz e-rod oder Microlino genau genommen zur Quad-Kategorie L7e zählen. Ausserdem produziert Microlino seine Autos in Italien.

Peter Monteverdi und sein Partner Paul Berger hingegen bauten in Binnigen bei Basel bis 1982 schnittige Sportwagen und elegante Luxusautos. Und so gilt für viele Monteverdi als der letzte echte Schweizer Autobauer. Das Lieblingsauto des mittlerweile 80-jährigen Paul Berger, das er immer noch selber fährt, ist der Monteverdi High Speed 375 L. Mit seinem Privatexemplar durften wir damit zur Auftaktveranstaltung der diesjährigen Swiss Classic World eine Ausfahrt machen.

Seidenweicher Cruiser

Schon im Stand fällt der in speziellem Grün lackierte 2+2-sitzige Sportwagen auf. Die Proportionen des schon damals 73'000 Franken teuren Luxusgleiters wirken noch heute zeitlos elegant, das Auto reiht sich mit seiner endlos langen Motorhaube perfekt ein in den Zeitgeist der 70er, als Ferrari, De Tomaso und Co. um die Gunst wohlhabender GT-Fans buhlten. Aber genug geschaut.

Ich steige ein und starte ehrfurchtsvoll den Motor. Schon nach dem ersten Drehen des Zündschlüssels springt der 7,2 Liter grosse V8-Motor klaglos an und schnurrt butterweich vor sich hin. Auf den schmalen Strassen im Luzerner Hinterland, wo die Testfahrt stattfindet, gewöhne ich mich schnell an die Breite und Länge des Autos, mein Blick schweift über die nicht enden wollende Motorhaube Richtung Horizont. Ein sanfter Druck aufs Gaspedal genügt und dank 380 SAE-PS (nach europäischer Zählart wohl knapp über 300) legt das Luxuscoupé auch bei niedrigen Drehzahlen souverän an Tempo zu, begleitet vom druckvollen und sonoren Klang des riesigen Achtzylinders.

Die Sitzposition ist nicht zu tief und zu hoch, die Bremse lässt sich gut dosieren. Selbst in flott gefahrenen Kurven liegt der High Speed souverän auf der Strasse. Wobei für einmal Nomen nicht Omen war, und wir mehrheitlich gemütlich cruisten. Kurz denke ich daran, wie es sich wohl Anfang der 70er-Jahre angefühlt haben muss, damals noch ohne Tempolimit mit 250 km/h über die Autobahn zu düsen. Auf der Landstrasse gleite ich derweil aber nicht mal mit einem Drittel davon dahin. Trotzdem geht die Testfahrt viel zu schnell zu Ende. Schliesslich soll dieses Stück Schweizer Autogeschichte auch in 50 Jahren noch über unsere Strassen rollen.

2024-05-03T05:25:51Z dg43tfdfdgfd