MORBIDELLI VOR COMEBACK : DAS M IN MBP STEHT FüR MORBIDELLI

Als "Premium"-Ableger der chinesischen Marke Keeway wurde die neue Marke MBP im Jahr 2022 in Europa eingeführt. MBP war zunächst die Abkürzung für "Moto Bologna Passione", wegen eines Rechtsstreits mit Morbidelli. Der ist inzwischen beigelegt, und das M in MBP darf für Morbidelli stehen. Ohne Abkürzung könnte der wohlklingende italienische Name umso stärker wirken.

Im Mai 2022 erschien das erste Modell der neu gegründeten Marke MBP in Italien: das Naked Bike MBP M 502 N, mit Reihenzweizylinder-Motor und 48 PS passend zum europäischen Stufenführerschein A2. Hintergrund-Informationen gab und gibt es nur spärlich: MBP sei die Abkürzung für "Moto Bologna Passione" und ein "Premium"-Ableger, ein Sub-Label der chinesischen Marke Keeway. Also: China-Produkte, aufgewertet mit italienischem Design – oder zumindest mit vermeintlich italienischem Flair.

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MBP, Keeway, QJMotor und Benelli gehören zu Qianjiang

Keeway wiederum gehört zum großen chinesischen Qianjiang-Konzern. Und Qianjiang hat bereits 2005 die alte italienische Marke Benelli übernommen. Die sitzt und saß nie in Bologna, sondern in Pesaro. Dort unterhält Qianjiang mit dem Benelli-Standort immer noch eine Europa-Niederlassung, sogar mit eigener Design-Abteilung. Mit QJMotor, Benelli, Keeway und MBP firmieren aktuell 4 Motorrad-Marken im Qianjiang-Konzern, jedenfalls sichtbar in Europa beziehungsweise von Europa aus. Zu Beginn warb MBP mit dem Logo Morbidelli MBP Pesaro, dem eine Reihe von Markenanmeldungen und Widersprüchen folgte.

Widerspruch aus Italien

Im Februar 2022 legte eine renommierte italienische Anwaltskanzlei Widerspruch gegen die Wort-/Bildmarke Morbidelli MBP Pesaro ein, was den Einsatz des Logos unmöglich machte. Wen dieser Anwalt vertrat, ist nicht bekannt, doch da es sich um einen der besten Patentrechtsanwälte Italiens handelte, wird es wohl jemand mit großem Interesse sein – und Budget. Grund: Angebliche Verwechslungsgefahr. Interessant: Bereits im Juni 2021 wollte Gianni Morbidelli, Giancarlo Morbidellis Sohn, die Wortmarke erneut schützen lassen. Skurril: Einspruch gab es damals von der ungarischen Anwaltskanzlei von Qianjiang, drei Monate vor deren eigenen Anmeldungen im Kontext Morbidelli. Und das faktische Verbot, den Namen Morbidelli zu nutzen, bringt uns zum einen zum aktuellen Logo von MBP und zum anderen zur künstlichen, abwegig erscheinenden Wortschöpfung "Moto Bologna Passione".

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Weg frei für Morbidelli aus China

Bereits im Juli 2023 glätteten sich wohl die Wogen im Namensstreit zwischen Keeway/QJ und den anderen Parteien, denn neue sowie bestehende Marken und Logos wurden auf neue Eigner umgeschrieben. So sind die beiden Wort-/Bildmarken, also die Logos Morbidelli/MBP und Morbidelli MBP Pesaro seit dem Juli 2023 eingetragen mit dem Inhaber Powerlink Technology and Investment Company Limited, North Point, HK. Zur Erinnerung: Gegen diese beiden wurde aus Italien heraus Einspruch erhoben. Die reine Wortmarke Morbidelli in zwei Schreibweisen ist seit Mai 2023 und August 2023 zum einen ebenfalls auf Powerlink registriert und zum anderen auf MBP MOTO S.R.L., eine Firma von Keeway. Am 18. April 2024 gab MBP Moto bekannt, die Marke Morbidelli erworben zu haben. Dem Verwenden des Namens Morbidelli im Kontext MBP steht also nichts mehr im Wege. Morbidelli könnte sogar wieder für sich alleine als Marke stehen, ohne die Abkürzung MBP.

Heißt MBP dann wieder Morbidelli?

Mit dem Kauf der Marke und dem Ausräumen juristischer Hürden könnte der eigentliche Plan von Keeway, die Marke Morbidelli auf ihre Motorräder zu schreiben, wieder verfolgt werden. Der Tausch von Logos ist kaum Aufwand. Und der künstlich erzeugte Ausdruck "Moto Bologna Passione", um MBP zu verwenden, könnte dann endlich gegen das ursprünglich geplante Morbidelli Pesaro getauscht werden – legal.

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Morbidelli aus Pesaro

Morbidelli war in Pesaro zu Hause. Gegründet von Giancarlo Morbidelli Ende der 1960er-Jahre, war diese Marke hauptsächlich im Rennsport unterwegs. Durchaus erfolgreich, mit Fahrern wie Toni Mang oder Valentino Rossis Vater Graziano. Auf Morbidelli-Rennmaschinen wurden nicht nur Meistertitel in Italien, sondern auch Rennsiege in der Motorrad-Weltmeisterschaft eingefahren. 1976 und 1977 war die 125er-Morbidelli sogar international ganz vorn. Finanziert wurden die Motorräder mitsamt Rennsport von Giancarlo Morbidellis erster Firma, die Holzbearbeitungsmaschinen herstellte.

Morbidelli und Benelli

Bereits in den 1970er-Jahren hatte Giancarlo Morbidelli nachbarschaftlich-freundschaftlich mit dem Waffenhersteller Benelli Armi im Rennsport zusammengearbeitet, unter MBA für Morbidelli Benelli Armi. Die Waffenfabrik aus Pesaro war ebenfalls von den Benelli-Brüdern gegründet worden. Während die Rennmaschinen von Morbidelli exklusiv den Fahrern des Morbidelli-Werksteams vorbehalten waren, wurden von MBA in Pesaro ähnliche Motorräder für die Klassen 125 und 250 hergestellt.

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Die Morbidelli V8

Mitte der 1990er-Jahre trat Giancarlo Morbidelli mit seiner Motorrad-Marke erneut in Erscheinung: mit der Morbidelli V8, einem luxuriösen Sport-Touring-Motorrad. Dessen wassergekühlter V8-Motor hatte 32 Ventile, 847 Kubik und kam damit auf 120 PS bei 11.000/min. Zudem hatte die Morbidelli V8 eine einarmige Hinterradschwinge mitsamt Kardan. Kommerziell war sie jedoch ein Flop, was sicherlich auch am überaus stolzen Verkaufspreis lag: um 50.000 Dollar. Danach hielt Giancarlo Morbidelli seine Motorrad-Marke im gleichnamigen Museum am Leben. Im Februar 2020 starb er, und seine große Motorradsammlung wurde zumindest teilweise vom Automotoclub Storico Italiano (ASI) aufgefangen. Diese Raritäten stehen als Exponate wieder in einem Museum: im Officine Benelli Museum in Pesaro. Und wer sich nun den motorischen Wahnsinn, den chinesische Hersteller gelegentlich ausleben, mit dem Aufleben des V8 von Morbidelli ausmalt, dürfte jetzt ahnend schmunzeln...

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2024-04-19T03:40:30Z dg43tfdfdgfd